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Licht und Dunkelheit

Wir wissen nicht, warum der Nachthimmel für uns dunkel erscheint.

Und wir leben meist in Regionen, in denen es nie dunkel ist. Wegen der Lichtverschmutzung. Wegen der Überbeleuchtung.  

Deshalb bleibt es uns versagt, die Dunkelheit, den Nachthimmel zu erleben. Die Milliarden von Sternen zu erahnen. Das helle Band der Milchstraße zu sehen. Uns die Tiefe des Weltraums vorzustellen. Aber auch den Mikrokosmos zu erspüren, wenn wir z.B. in einen dunklen Garten oder Wald blicken. Was da alles aktiv ist im Dunkel verborgen. All die Käfer, Nachtfalter, Igel, Kröten und Würmer. All die Mikroorganismen im Boden, die umgekehrten Vorgänge in Pflanzen und Bäumen, die Pilze mit ihren Geflechten, Spinnen mit ihren Geweben, Lebewesen, die schlafen und Lebewesen, die aktiv sind. Der Mikro- und der Makrokosmos, ein ungeheures Zusammenspiel, das unbegreifbar ist, jedoch in der Dunkelheit (er)spürbar, fühlbar, vorstellbarer, als bei Helligkeit.

Die Dunkelheit, die Nacht ist eine wunderbare Erfahrung, die uns durch die Lichtverschmutzung meist versagt bleibt.

Das Biosphärenreservat Rhön hat seit 2014 die Auszeichnung "Sternenpark" und die Stadt Fulda ist seit 2019 "Sternenstadt". Diese Auszeichnung bedeutet, dass es dort gelungen ist das künstliche Licht so zu reduzieren und zu verändern, dass der nächtliche Sternenhimmel wieder zu sehen und zu erleben ist. Dass dies möglich wurde ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit und unermüdlichem Einsatz von Sabine Frank und ihren Mitstreitern. Sie haben mit Bürgermeistern, Firmenchefs und Kirchenvorständen und Geschäftsinhabern verhandelt, dass diese Straßenbeleuchtungen veränderten und reduzierten. Es wurde erreicht, dass Beleuchtungen nur nach unten abstrahlen und nicht in den Nachthimmel, das der Blauanteil des Lichtes, der für Insekten besonders schädlich ist, reduziert wird. Mit Supermärkten und Einkaufszentren wurde Überzeugungsarbeit geleistet, dass diese ihre Werbebeleuchtungen, die Beleuchtung von Parkplätzen und ganzen Industriegebieten, reduzieren oder abschalten. Vor allem dieses gleisende Licht ist für Insekten schädlich, verbraucht Unmengen an Energie und strahlt bis in den Weltraum. 

Die Lichtverschmutzung ist für Pflanzen, Tiere und Menschen schädlich. Die Reduzierung der Insekten ist zu einem wesentlichen Anteil auf die Überbeleuchtung zurückzuführen. Negative Auswirkungen auf den Schlaf von Tier und Mensch sind nachgewiesen.

Vor allem aber wird der Mensch beraubt, den nächtlichen Sternenhimmel zu erleben, seine Tiefe, das Band der Milchstraße, die Sternbilder und im August die Sternschnuppen. Der Blick in den Sternenhimmel macht uns andächtig und ruhig. Wir fühlen uns eingehüllt und mit allem verbunden, auch mit dem, was wir nicht sehen. 

Das Erleben von Nacht und Dunkelheit ist wunderbar und warm.

In einen dunklen Garten zu blicken oder in den Nachthimmel über uns (oder unter uns?) ist eine wunderbare Erfahrung. 

Und erst das Erlebnis von Glühwürmchen! Zwei mal durfte ich das erleben. Einmal im Maira Tal im Piemont und einmal in Osttirol in einem kleinen Wäldchen. Unwillkürlich stellt sich die Vorstellung von Feen und Waldgeistern ein, die Belebtheit mit unirdischen phantastischen Wesen.

Ohne Dunkelheit entgehen uns all diese wundervollen Erlebnisse. 

Die Dunkelheit ist, wie die Stille, Balsam für unsere Seele. Und sie schärft unsere Sinne.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Friess (Mittwoch, 15 Juli 2020 20:06)

    RICHTIG

  • #2

    Eveline (Montag, 20 Juli 2020 11:58)

    Der Schattenkünstler Tim Otto Roth zeigt in der gegenwärtigen Ausstellung "Logische Phantasien" in der Jesuitenkirche in Aschaffenburg zwei Werke, die "lebendes" Licht sichtbar machen. In "Meeresleuchten" stammen die Lichtpunkte von einem Einzeller im Meer.
    Das sichtbar gemachte Licht in "Waldleuchten" wird erzeugt von einem Pilz Myzel im Schwarzwald.
    Der Künstler versteht diese Arbeit als ein Plädoyer gegen die Lichtverschmutzung, die das sanfte lebende Licht überstrahlt und deshalb aus dem Bewusstsein der Menschen hat verschwinden lassen.