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Putzen, die Dritte

In der Reinigungsbranche arbeiten in Deutschland rund 700 000 (ohne die Schwarzarbeit natürlich, die in diesem Bereich besonders hoch sein dürfte) Menschen, überwiegend Frauen. Die zuständige DGB Gewerkschaft ist die Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt. Diesen Sommer erkämpften sich die Beschäftigten der Reinigungsbranche, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, eine Lohnerhöhung von 12,5 Prozent!!! Das klingt enorm viel, ist aber angesichts des extrem niedrigen Lohnniveaus und der hohen Inflation dringend notwendig. Zu Hilfe kam den Gebäudereiniger*innen die angekündigte Erhöhung des Mindestlohns auf 12 €, was dann über dem Branchentarif gelegen und zu einer Massenabwanderung hätte führen können. Auf jeden Fall ein großer Erfolg eines Arbeitskampfes.

Ein anderes Problem ist der Zeitdruck, der die Arbeit noch härter macht, als sie eh schon ist. Während der Pandemie z.B. als  an den Flughäfen die Flugbewegungen einbrachen, wurde bei den Reinigungskräften extrem reduziert um Geld zu sparen. Geputzt werden musste aber trotzdem, so dass die Arbeit dann auf viel weniger, z. T. ein Drittel der Arbeitskräfte, hängen blieb. Die oft prekären Arbeitsverhältnisse oder Zeitarbeitsverträge bieten kaum Schutz vor schnellen Entlassungen und Erhöhung der Arbeitsbelastung für die verbliebenen Arbeitskräfte. Selten gibt es einen Betriebsrat, der sich für die Interessen der Beschäftigten einsetzen könnte. Das liegt auch an dem System von Sub- und SubSub Unternehmen, die ihr Geschäftskonzept ausschließlich auf die Ausbeutung ihrer Arbeitskräfte gründen.

Eine weitere Ungerechtigkeit und Demütigung des Dienstleistungskapitalismus ist die schlechte erschwerte Erreichbarkeit der Arbeitsplätze. Die Menschen wohnen weit weg in mietgünstigeren Wohngebieten und müssen für den Weg zur Arbeit viel Zeit und Geld aufwenden. Sie bekommen von ihren Arbeitgebern keine günstigen oder gar kostenlosen Jobtickets für öffentliche Verkehrsmittel oder kostenlose Parkmöglichkeiten. Sie müssen dafür einen unverhältnismäßig hohen Teil ihres ohnehin niedrigen Lohnes aufwenden. Ganz zu schweigen von der Lebenszeit die sie auf der Straße oder in öffentlichen Verkehrsmitteln verbringen müssen. Eine alleinerziehende Mutter und Putzfrau erzählte mir mal, dass sie für 6 Stunden bezahlter Arbeit 10 Stunden am Tag unterwegs ist und außerdem eine Menge Geld für die Öffis bezahlt. Sie hatte täglich 2 bis 3  unterschiedliche Einsatzorte und die Fahrt- und Wartezeiten dazwischen wurden ihr nicht vergütet. Oft habe ich an meinem früheren Arbeitsplatz erlebt, dass die Putzkräfte, wenn sie zu früh von einem anderen Einsatzort ankamen, warten mussten, bis zu einer bestimmten Uhrzeit, bis ihr Einsatz begann. Das bedeutet: Sie vertrödelten ihre Lebenszeit unbezahlt mit Warten.

Und - , da sind wir bei dem letzten Thema, was ich ansprechen wollte: Respekt oder besser mangelnder Respekt. Ich beobachte oft, das Putzfrauen und -männer unsichtbar sind, d.h. man könnte den Eindruck haben, dass sie unsichtbar sind, weil ihnen begegnet wird als seien sie Luft. Kein Wort, kein Gruß, kein Dankeschön, als seien sie gar nicht da. Wo diese Frauen und Männer doch unseren Dreck wegmachen.

Dieses Problem des mangelnden Respekts kann nicht durch Tarifabschlüsse oder gewerkschaftliche Organisierung  gelöst werden. Oder vielleicht doch? Was mehr kostet wird auch mehr geschätzt?

Auf jeden Fall können wir etwas dafür tun, dass Putzleute als Menschen wahrgenommen werden, die eine wichtige und harte Arbeit verrichten und nicht aus Luft sind.....

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