Heute früh am Frühstückstisch kam mir plötzlich der Gedanke, dass ich die einzige im Haus bin, die Zeit und Gelegenheit sich Sorgen zu machen. Alle anderen im Haus sind unterwegs zur Arbeit oder in die Schule und ich bin die einzige, die so lange am Frühstückstisch sitzen kann und sich Sorgen machen kann. Und dafür gibt es gerade wieder jede Menge Futter: Nächste Woche kommt unsere lange geplante Photovoltaikanlage und ich mache mir jede Menge Sorgen, ob das alles klappt, was dazwischen kommen könnte, was wir unbedingt erledigen müssen, was wir vorbereiten müssen, ob wir was vergessen haben, usw. usw.
Alle anderen sind also mit anderem beschäftigt, nur ich sitze hier und mache mir Gedanken. Schöne Scheiße.
Diesen Hang zum Sorgen machen hatte ich aber schon immer, auch zu der Zeit, als ich noch gearbeitet habe. Vielleicht habe ich deshalb auch Arbeitszeit verkürzt auf eine 3/4 Stelle, um mehr Zeit zu haben, mir Sorgen zu machen. Ha Ha Ha. Klingt komisch. Ist aber was dran.
Eine Karikatur, ein Witz, den ich jahrelang in meinem Büro hängen hatte: 3 Frauen sitzen beim Kaffeekränzchen zusammen. Eine sagt: "Also, wenn es mir einmal schlecht geht, mache ich mir schnell ein paar Sorgen und schwupps geht es mir wieder gut." Ein wunderbar paradoxer Witz, wo aber echt was dran ist.
Ich habe mir überlegt, was Sorgen machen für eine Funktion hat. Es hat z.B. die Funktion von anderem abzulenken, sich zu beschäftigen. Ablenken kann sich Sorgen machen etwa von existentiellen Ängsten oder von Sinn Fragen.
Oft ist es so, dass ich hinterher feststelle, dass ich mir ganz umsonst Sorgen gemacht habe. Oder dass ich mir um das Falsche Sorgen gemacht habe und mir dann sozusagen die falschen Sorgen gemacht habe. Ich beneide dann Menschen, die sich keine unnötigen Sorgen machen, die vielleicht keine Zeit haben, sich Sorgen zu machen oder einfach wichtigeres im Kopf haben, als sich zu sorgen.
Was unterscheidet jedoch überflüssiges sich Sorgen von Vorsorgen und Vorplanen? Ich glaube, das überflüssige sich Sorgen machen betrifft Angelegenheiten, die nicht klar sind, nicht einschätzbar, wo ich nicht genug Informationen habe, um sinnvoll vorzusorgen und zu planen. Und was glaube ich auch ein wichtiger Punkt ist: Sich mit andern austauschen. Nicht versuchen alleine zu bleiben mit den Sorgen.
Oft kommt es anders, als man denkt. Und häufig stellt sich heraus, dass ich mir umsonst Sorgen gemacht habe. Vieles ergibt sich von alleine oder löst sich auf, wenn ich mich mit anderen Menschen austausche.
Allerdings muss ich dann auch die Konsequenzen tragen und mir überlegen, was ich mit all der Sorgen freien Zeit anfange!?
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marianne (Mittwoch, 08 September 2021 09:30)
vielleicht ergibt sich daraus Zeit fürs "Nichtstun" und einfach "nur" da zu sein und erleben was gerade ist. Klingt einfach, aber ich glaube, dass ist eine unserer schwersten Übungen.
Herzliche Grüße