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Geschichten vom Jakobsweg

Ja, Helmut und Richard hatten sich wohl auf den ersten Metern des Camino kennengelernt und waren seitdem unzertrennlich. "Elmüt" war Geschäftsmann aus Baden Württemberg, der sich auf den Weg gemacht hatte, nachdem er wegen seiner Arbeitssucht einen Herzinfarkt erlitten und ihn glücklicherweise überstanden hatte.  Und Richard hatte seine Frau verloren und machte sich auf den Weg, um seine Trauer zu überwinden und der Einsamkeit zu entgehen. 

Wir lernten die beiden in Sangüesa beim Abendessen in einer Bar kennen. Wir saßen zufällig an einem Tisch und übernachteten auch in derselben Herberge. Und so traf man sich am nächsten Tag auf dem Camino wieder. Wir  wanderten mit den Beiden einen ganzen Tag. Sie wussten bereits alles voneinander, obwohl "Elmüt" kein Wort Französisch und Richard kein Wort Deutsch verstand.

Es war eine sehr schöne abwechslungsreiche Wegstrecke an diesem Tag, wenn auch sehr anstrengend. Deshalb trennten sich unsere Wege am späten Nachmittag. Die Beiden wollten noch tapfer weiter wandern bis Puente la Reigna. Wir waren zu erschöpft und wollten uns eine Unterkunft in einem 8 km davor liegenden Örtchen suchen. 

Aber diese Stunden des gemeinsamen Wanderns mit den beiden Seelenverwandten, die sich trotz unterschiedlicher Sprachen, quasi ohne Umweg über die Sprache, verstanden, werden mir unvergesslich bleiben. Wie Helmut uns übersetzte, was Richard auf französisch sagen wollte. obwohl er gar kein Französisch konnte. 

Das waren die kleinen Wunder, die der Jakobsweg uns bescherte. 

Übrigens endete dieser Tag ziemlich "schräg". Wir fanden nämlich in dem kleinen Ort keinerlei Unterkunft und mussten irgendwie doch noch nach Puente la Reigna kommen. Da es auch leider keinen Bus gab, nahmen wir, mit leicht schlechtem Gewissen, ein Taxi für die 8 Kilometer dorthin. Als wir in der Nähe der Herberge ausstiegen, hofften wir doch sehr, dass wir nicht gesehen werden, die Pilger, die mit dem Taxi vorfahren. Schon peinlich. 

Diese Nacht in der Herberge wurde allerdings unvergesslich auch aus einem anderen Grund: Zum einen war diese Herberge, eine der heruntergekommensten und schmutzigsten, die wir auf dem Jakobsweg vorfanden. Von Mönchen geführt. Das genaue Gegenteil von der Nacht vorher,  wo die Herberge von Schwestern geführt war und wo es sogar Bettwäsche für die Pilger gab. Überdies war die Herberge schon total überfüllt, als wir ankamen. Wir blieben trotzdem, weil wir nicht wussten, dass es eine zweite Herberge, wo auch Helmut und Richard gelandet waren, gab. 

Irgendwie war es aber auch eine Fügung, dass wir blieben, denn diese Nacht wurde eine besondere. Was sie so besonders machte, war ein unvergessliches Gemeinschaftserlebnis. Doch das ist eine eigene Geschichte. 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Friess (Samstag, 12 Juni 2021 23:35)

    ...auf die wir uns schon freuen.