Die Geschichte des Gedenktages ist lang. Der Antikriegstag war schon mal der 1. August, weil der 1. Weltkrieg am 1. August begonnen wurde. Und auch die Losung "Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!" ist nicht (ganz) neu. Nach dem 1. Weltkrieg hieß es schon von Pazifisten und Kriegsgegnern: "Nie wieder Krieg".
Eine der zermürbendsten Fragen, die ich mir stelle, ist: Wie war es möglich nach so kurzer Zeit und nach der verheerenden Erfahrung des 1. Weltkrieges, die Menschen schon wieder in einen Krieg zu bringen, der noch viel verheerender war? Wie war das möglich, dass die Mehrheit der Deutschen sich dazu bringen ließ?
Mein Opa, Vinzenz, der ein ganz einfacher Handwerker und Arbeiter war, wusste: "Wer Hitler wählt, wählt den Krieg." Das wusste er und alle anderen Deutschen hätten es auch wissen können.
Das ist etwas, was ich nicht begreife: Warum war die Mehrheit der Deutschen bereit, sich nach dieser kurzen Zeit, wieder gegen andere Völker aufhetzen zu lassen. Und auch gegen Teile ihrer Mitmenschen?
Ein Teil der Antwort ist bestimmt, dass eine Mehrheit der Bevölkerung sich nicht positioniert hat gegen Krieg und Hass. Dass sie einfach ausgeblendet haben, welches Unheil sich anbahnt, dass die Mehrheit die Augen zugemacht und geschwiegen hat.
Deshalb bin ich froh und dankbar, dass es so aktive und unermüdliche Friedensfreund*innen gibt, die nicht nachlassen zu erinnern: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Die sich für Abrüstung einsetzen. Die sich gegen die Aufstockung der von der Nato und USA geforderten Rüstungsausgaben positionieren. Die gegen Waffenexporte und Produktion neuer Waffensysteme kämpfen. Die Verbindungen herstellen zu Kolonialismus und Rassismus, zu Fremdenfeindlichkeit und Hass.
Die Auftaktkundgebung fand auf dem Hiroshima Nagasaki Platz und an dem Denkmal des unbekannten Deserteurs statt. Der (kleine) Demo-Zug ging dann zur nächsten Station am Kapellplatz, wo ein geschichtskundiger Darmstädter an die Opfer des Faschismus in Darmstadt erinnerte. Die nächste Station war dann ein Bundeswehr Anwerbezentrum in der Niederramstädterstraße, wo u.a. informiert wurde über die Anwerbepraktiken der Bundeswehr in Schulen und mit Werbefilmen für die Bundeswehr, die nicht an Krieg, sondern an Abenteuer denken lassen. Gefordert wird, dass diese Art Werbung zumindest bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verboten wird.
Am Ludwigsplatz mit seinem Bismarck Denkmal wurde in einer Rede die Verbindung zu Kolonialismus und zur gegenwärtigen Rassismus Debatte auch was Denkmäler betrifft, hergestellt.
Die Abschlusskundgebung fand dann passend auf dem Friedensplatz statt.
Wegen der großen (Coronaschutz-) Abstände, machte die Demo einiges her, obwohl es ein kleiner Zug war. Es war auf jeden Fall ein schönes und lehrreiches Erlebnis. Und ich habe ein paar Leute getroffen, die ich schon ewig nicht gesehen habe. Die soziale und kommunikative Funktion von Demos, ist nicht zu unterschätzen.
Vielleicht sehe ich ja nächstes Jahr am 1. September oder an einem anderen Gedenktag noch ein paar mehr bekannte Menschen?
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Friess (Samstag, 05 September 2020 11:57)
Gut, dass es solche Demos gibt.