Reichen, ihr, die Armen. Wir, die Wessis, ihr, die Ossis. Wir, die Gebildeten, ihr, die Doofen. Wir, die Fitten, ihr die Abgehängten. Wir, die Autofahrer, ihr, die Radfahrer.....
Das kleine Wörtchen Wir kann jedoch auch ganz anders benutzt werden, ohne diesen Gegensatz: Wir Menschen. Wir Europäer. Wir Frauen. Wir Alten. Wir Versicherten. Wir Gewerkschafterinnen. Wir Geschöpfe. Ohne jedes Hinzufügen von Ihr. Dann ist es inklusiv, ohne Bewertung und Rangfolge. Integrativ und vielfältig in sich.
Wie ist es dann aber mit Wir, die Guten. Ihr, die Schlechten. Wir, die Linken. Ihr, die Rechten?
Ja, da fängt die Abspaltung und die Distanzierung an. Und die Verdrängung und die Externalisierung und Projizierung auf die jeweils Anderen. Wir Deutschen z. B. schließt ja erstmal alle mit ein, auch wenn es uns nicht gefällt: All die Rechten, bei der AfD angefangen bis zu den Reichsbürgern, all die Banker und Manager in Konzernen und Investmentbanken, die Superreichen und die Neureichen, die Verschwörungstheoretiker, die Hassbürger und die Kleinbürger.
Das Ausschluss-Wir und Abgrenzungs-Wir löst Angst aus: Gehöre ich dazu? Welche Seite von mir passt nicht dazu? Wie passe ich mich an, damit ich ganz dazu gehöre? Und diese Angst verführt dazu, Anteile von mir selbst, die nicht ins Abgrenzungs-Wir passen, zu verdrängen, zu verheimlichen, unter den Teppich zu kehren und auf andere zu projizieren.
Das kleine Wörtchen "Wir" kann also sehr unterschiedliche Wirklichkeit schaffen: Es kann Menschen ausschließen und abwerten. Es kann aber auch positive Identifikation und Zugehörigkeit bewirken. Je nachdem....
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Ursie (Donnerstag, 13 Juni 2019 09:49)
Als ich früher beruflich viel im Ausland war, habe ich immer das Gleiche gemacht, wenn ich in einer Großstadt etwas Freizeit hatte. Ich bin immer zum Marktplatz oder dorthin, wo die Wäsche (mit der Hand) gewaschen wurde. Da habe ich immer wieder festgestellt - egal wo ich war - es gab die gleichen Bedürnisse: Ansprechpartner, Tratsch bei einer Tasse Kaffee od. Tee, Es wurde gehandelt, eingekauft, Kinder überall, Tiere waren auch da - mal gut, mal schlecht behandelt. Hühner und deren Produkte überall auf der Welt. Es wurde viel gestritten, viel gelacht, laut Musik gehört - oder gemacht. Und die Welt wurde für mich - lange vor dem Internet - recht klein. Weil "wir" alle das Gleiche brauchen. Egal wo "wir" uns befinden.